Drei Tage haben die Umweltressorts der Bundesländer gemeinsam mit dem Bundesumweltministerium im Rahmen der Umweltministerkonferenz online über zentrale umweltpolitische Themen, wie die Anpassung an den Klimawandel, den Moorschutz, den Schutz der Meere und Gewässer sowie den Wolf beraten.
Dr. Till Backhaus, Klimaschutz- und Umweltminister in Mecklenburg-Vorpommern und in diesem Jahr UMK-Vorsitzender, zeigte sich mit dem Ausgang der Konferenz sehr zufrieden: „Die Verhandlungen sind konstruktiv und lösungsorientiert verlaufen. Die Bundesländer und der Bund haben in allen 32 Tagesordnungspunkte eine Einigung erzielen können“, sagte Backhaus.
Er betonte, dass die Beratungen nicht zuletzt im Lichte der kürzlich abgeschlossenen Koalitionsverhandlungen des Bundes geführt wurden. Dabei sei deutlich geworden, dass die Bundesregierung viele Themen voranbringen will, mit denen sich die UMK seit vielen Jahren beschäftigt und deren Umsetzung sie immer wieder gefordert hat. Dazu gehöre allen voran der Klimaschutz durch die Wiedervernässung von Mooren, aber auch der Gewässerschutz auf Basis einer Nationalen Wasserstrategie sowie der Meeresschutz. „Ich bin daher sehr zuversichtlich, dass die heute gefassten Beschlüsse bei der künftigen Bundesregierung auf offene Ohren und fruchtbaren Boden stoßen werden“, so Backhaus. Laut des UMK-Vorsitzenden haben die Bundesländer heute und in den vorangegangenen Sitzungen eine entscheidende Vorarbeit geleistet, auf die die designierte Bundesministerin Lemke in der kommenden Legislatur hervorragend aufbauen könne. Insbesondere beim Klimaschutz wurden in Rostock die nötigen Weichen gestellt. Backhaus: „Frau Lemke, der Tisch ist gedeckt. Greifen Sie zu!“
Umweltstaatssekretär Jochen Flasbarth sagte: „Die Länder haben mit dieser Umweltministerkonferenz in Warnemünde dem Bund Rückenwind für mehr Klima- Umwelt- und Naturschutz geben. Die fortschreitende Erwärmung unseres Planeten macht Klimaschutz und Vorsorge vor Klimarisiken zu einer nationalen Zwillingsaufgabe für Deutschland. Denn einige Folgen des Klimawandels sind bereits jetzt Realität geworden. Länder und Kommunen sind in besonderer Weise gefordert, diese nationale Aufgabe vor Ort umzusetzen. Damit sie gelingt, muss die Unterstützung des Bundes auf neuen Füßen stehen, mit einer dauerhaften Finanzierung der Klimaanpassung und Klimavorsorge.“
Klimaschutz (Moorbodenschutz, Waldklimaprämie)
Der Klimaschutz war eines der bestimmenden Themen auf der UMK und bildete den roten Faden, der sich durch viele weitere Themen zog. Um einen echten Beitrag zum Klimaschutz in Deutschland zu leisten, verständigten sich die Umweltchefs der Länder darauf, ihre jeweiligen Moorschutzstrategien und
-programme auf den Prüfstand zu stellen und an die Vorgaben des Bundes anzupassen. Mit der im Oktober 2021 unterzeichneten Bund-Länder Zielvereinbarung zum Moorbodenschutz sei dafür bereits eine solide Grundlage geschaffen worden, die es nun weiter auszubauen gilt. „Eine zentrale Herausforderung wird darin bestehen, die Menschen in den Moor-Regionen von der Notwendigkeit eines ambitionierten Moorschutzes zu überzeugen und für freiwillige Wiedervernässungsmaßnahmen zu gewinnen. Gerade mit Blick auf die langen Vorlauf- und Umsetzungszeiten von Moorschutzmaßnahmen ist es aber wichtig, dass die erforderlichen Schritte nun zügig erfolgen“, sagte er weiter.
Darüber hinaus möchten die Länder und der Bund die „Waldklimaprämie“ weiter forcieren. Bis Ende des Jahres soll ein konkretes Umsetzungsmodell vorliegen, um die Ökosystemleistungen der Wälder ab 2022 honorieren zu können. „Wichtig ist uns, dass sich ein solches Anreizsystem nicht in der Klimaschutzleistung der Wälder erschöpft, sondern die Leistungen der Wälder ganzheitlich in den Blick nimmt. Sie sind Kohlenstoffsenken, Lebensraum und Regulatoren für den Wasserhaushalt. Deshalb müssen unsere Wälder nachhaltig schützen, naturnäher bewirtschaften und klimastabil entwickeln“, erläuterte Backhaus.
Reduzierung von F-Gasen
Hessens Umweltministerin Priska Hinz zur Reduzierung von F-Gasen: „F-Gase sind richtige Klimakiller und es ist wichtig, dass diese streng reguliert werden. Wir haben heute eine wichtige und sehr konkrete Entscheidung getroffen, um dem Klimawandel etwas entgegenzusetzen: Wir sprechen uns als Umweltministerkonferenz für die Reduzierung von sogenannten F-Gasen aus. Diese kaum bekannten Gase stecken in vielen Anwendungen, in Klimaanlagen, in Sprays als Treibmittel, sie werden genutzt als Isoliermittel beim Transport von Strom und zur Behandlung von Holz. F-Gase haben ein sehr hohes Treibhauspotential und obwohl es gute Alternativen gibt, werden sie noch vielfach eingesetzt. Ziel muss sein, auf EU-Ebene zum einen eine strengere Quote und zum anderen ein Verbot bestimmter F-Gase zu verankern. Damit unterstützen wir gleichzeitig Unternehmen, die bereits Alternativen nutzen. Um die Klimakrise zu bekämpfen, müssen wir alle Bereiche in den Blick nehmen, denn nur so können wir es schaffen, auf den 1,5-Grad-Pfad zu kommen.“
Gemeinschaftsaufgabe Klimaanpassung
Debattiert wurde in diesem Zusammenhang auch, wie die Anpassung an die Folgen des Klimawandels finanziert werden soll. Die Länder erneuerten ihre Forderung an den Bund verschiedene Finanzierungsmodelle zu prüfen, mit denen diese Zukunftsaufgabe bewältigt werden kann. Denkbar sei laut Backhaus zum Beispiel die Schaffung einer neuen Gemeinschaftsaufgabe Klimaanpassung. Der neue Koalitionsvertrag würde ein solches Finanzierungsmodell grundsätzlich ermöglichen.
„Eine Lehre der Hochwasser-Katastrophe in diesem Sommer ist, dass wir Klimaanpassung neu definieren müssen. Klimaanpassung darf nicht weiter das Stiefkind der Klimapolitik bleiben. Dass die COP in Glasgow Klimaanpassung ausdrücklich als Schwerpunkt gesetzt hat, ist ein gutes Signal. Die Anpassung an die Folgen des Klimawandels ist eine zentrale Zukunftsaufgabe ist, die eine flächendeckende, zusätzliche Finanzierung benötigt. Eine Gemeinschaftsaufgabe Klimaanpassung kann hier eine klare Botschaft und Finanzierungsoptionen sein“, betonte die nordrhein-westfälische Umweltministerin Ursula Heinen-Esser.
Schutz der Meere und Gewässer
Der zweite große Themenkomplex der UMK widmete sich dem Schutz der Meere und Gewässer. Dazu berichtete das Bundesumweltministerium in einem ersten Schritt über den aktuellen Stand bei der Erarbeitung der „Nationalen Wasserstrategie“, an der mehr als 200 Teilnehmende aus der Wasserwirtschaft, Landwirtschaft und Forschung, aus Verbänden, Ländern und Kommunen mitgewirkt haben. „Ich freue mich, dass die Nationale Wasserstrategie, die Mecklenburg-Vorpommern immer wieder gefordert hat, weiter Form annimmt. Neben zehn klar definierten Handlungsfelder, darunter die Begrenzung von Nährstoffeinträgen, der Schutz der verfügbaren Wasserressourcen oder der Aufbau leistungsfähiger Verwaltungen, wurde die Nationale Wasserstrategie inzwischen auch durch ein Aktionsprogramm mit 57 konkreten Maßnahmen ergänzt. Ziel sollte es nun, den vorliegenden Entwurf zu einer abgestimmten Nationalen Wasserstrategie der Bundesregierung zu machen“, so Backhaus.
Diskutiert wurde in diesem Zusammenhang auch ein Antrag von Mecklenburg-Vorpommern zum Schutz der Meeresumwelt von Nord- und Ostsee. „Auch wenn in den letzten drei Jahrzehnten bereits massive Anstrengungen unternommen wurden, um durch den Menschen verursachte Einflüsse wie Nähr- und Schadstoffeinträge, Überfischung, Rohstoffförderung und Infrastrukturmaßnahmen auf die empfindlichen Ökosysteme von Nord- und Ostsee zu minimieren, befinden sich weite Teile noch immer in mäßigem bis schlechtem ökologischen Zustand und verfehlen sowohl die Ziele der Europäischen Meeresstrategie-Rahmenrichtlinie als auch der Wasserrahmen-Richtlinie. Auch die Vorkommen von vielen Tier- und Pflanzenarten sind in einem kritischen Erhaltungszustand“, sagte Backhaus.
Die Umweltministerinnen und -minister der Länder begrüßten deshalb die von der zukünftigen Bundesregierung angekündigte Meeresoffensive. „Wir werden mit Nachdruck dafür eintreten, dass der Meeresschutz in allen relevanten Politikbereichen wie Landwirtschaft, Energiewirtschaft, Fischerei oder auch Verkehr berücksichtigt wird“, führte der Minister aus.
Auch die Bergung von Müll und Munitionsresten müsse laut Backhaus weiter konsequent umgesetzt werden: „Mecklenburg-Vorpommern hat erreicht, dass die Bergung und Vernichtung von Munitionsaltlasten in der Nord- und Ostsee Eingang in aktuellen Koalitionsvertrag gefunden hat. Wir haben auf ein Sofortprogramm und die Einrichtung eines Bund-Länderfonds gedrängt, durch den Bergungsarbeiten solide finanziert werden können.“
Gemeinschaftsaufgabe Naturschutz
Auch die umfassenden nationalen, europäischen und internationalen Aufgaben des Naturschutzes und das damit verbundene Finanzierungsdefizit wurden auf der UMK intensiv debattiert. „Alleine für EU-rechtliche Verpflichtungen fehlen jährlich eine Milliarde Euro. Dies ist ein unhaltbarer Zustand, der den praktischen Naturschutz nahezu lähmt. Das muss sich ändern“, kommentierte Backhaus. „Da eine Gemeinschaftsaufgabe Naturschutz unter den aktuellen politischen Vorzeichen aber nicht zu erwarten ist, haben sich die Länder auf die Stärkung der Naturschutzfinanzierung über die bestehenden Bundesprogramme in einem Bundesnaturschutzfonds, ein EKF-basiertes Aktionsprogramm sowie die Aufstockung der GAK-Mittel verständigt. Das ist nicht ganz das, was wir uns vorgestellt haben, aber dennoch ist dies ein geeigneter Instrumentenkoffer, um die Finanzausstattung des Naturschutzes zu verbessern“, wertete Backhaus.
Dazu Hessens Ministerin Hinz: „Wir müssen in den nächsten Jahren unser Engagement im Umwelt- und Klimaschutz noch einmal verstärken. Wir wollen auf den 1,5-Grad-Pfad kommen und die Klimakrise ausbremsen. Gleichzeitig gilt es, die Artenvielfalt zu erhalten und damit unsere Ökosysteme stabil zu halten. Beides geht Hand in Hand und für beides müssen wir Geld in die Hand nehmen. Wir haben heute bei der Umweltministerkonferenz beschlossen, mit der neuen Bundesregierung unverzüglich nach der Regierungsbildung über die Finanzierung des Klima- und Naturschutzes zu sprechen und diese so aufzustellen, damit wir unsere Ziele auch erreichen können. Zu Beginn des Jahres 2022 wollen wir eine Bund-Länder-Besprechung durchführen. Zentral ist dabei jedoch, dass die personelle Ausstattung stimmt. Hierzu gehören insbesondere Stellen für Planungsbeschleunigung, den Hochwasserschutz und Renaturierungen.“
Vermeidung von Verpackungsmüll
„Der Schutz unsere Umwelt und die Schonung unserer natürlichen Ressourcen ist zentral für einen nachhaltigen Zukunftspfad unseres Planeten. Jeder kann und jeder muss hierzu Tag für Tag aufs Neue seinen Beitrag leisten. Dies reicht von der Vermeidung von Verpackungsmüll, der Nutzung von Mehrweg bis hin zur achtsamen Entsorgung etwa einer Zigarettenkippe. Hierzu haben wir heute den Bund aufgefordert, durch entsprechende Regelungen Hersteller von Einwegkunststoffprodukten an den Kosten der Reinigung und Entsorgung zu beteiligen. Die Verlagerung der Kosten nicht umweltgerechter oder nicht recycelfähiger Produkte auf die Allgemeinheit muss ein Ende haben. Hier brauchen wir eine konsequente Umsetzung des Verursacherprinzips bzw. eine sichtbare gemeinsame Verantwortung. Einwegprodukte und achtlos entsorgte Verpackungen sind kein Zeichen einer modernen nachhaltigen Gesellschaft. Diese muss sich durch Ressourcenschonung und Kreislaufwirtschaft auszeichnen“, die nordrhein-westfälische Umweltministerin Ursula Heinen-Esser.
Umgang mit dem Wolf
Bereits gestern verkündete Backhaus, dass die Bundesländer und der Bund bei der Frage zum Umgang mit dem Wolf einen entscheidenden Schritt vorangekommen sind. Im Rahmen eines Umlaufverfahrens haben alle 16 Bundesländer und der Bund einem Praxisleitfaden zur Erteilung artenschutzrechtlicher Ausnahmen beim Wolf nach Bundesnaturschutzgesetz zugestimmt, der klar und rechtssicher vorgibt, unter welchen Voraussetzungen ein Wolf getötet werden darf. Er skizziert die rechtlichen Grundlagen und gibt klare Hinweise zum Herdenschutz sowie zur Vorbereitung und Durchführung von Entnahmen. „Damit ist er insbesondere für die zuständigen Behörden eine wichtige Hilfestellung. Aber auch die betroffenen Tierhalter halten nun ein Papier in den Händen, dass das Vorgehen im Falle eines Nutztierrisses transparent und bundesweit einheitlich regelt.“
Fachpersonalsicherung
„Die nachhaltige Verfügbarkeit von hoch qualifizierten Fachleuten für die Umsetzung der anstehenden Aufgaben im Klima-, Umwelt- und Naturschutz sowie Hochwasser- und Küstenschutz ist eine wesentliche Herausforderung und mir ein besonderes Anliegen.“, so Backhaus. Die Mitglieder der UMK haben sich daher verständigt auf Staatssekretärsebene Maßnahmen zur Personalgewinnung und -sicherung sowie Qualifizierung zu erarbeiten und der UMK im Frühjahr 2022 vorzulegen. „Ich freue mich sehr, dass ich hierzu Einvernehmen herstellen konnte“, so Backhaus.
Ausblick – UMK-Vorsitz geht an Niedersachsen
Im kommenden Jahr geht der Vorsitz der UMK turnusmäßig auf das Land Niedersachsen über. Dazu der Niedersächsische Umweltminister Olaf Lies: „Die heutigen Beschlüsse sind eine hervorragende Grundlage mit Blick auf das diese Woche vorgestellte Papier der Ampelkoalition in Berlin. Wir als Umweltminister der Länder wollen daher Anfang des kommenden Jahres zu einer Sonder-UMK zusammenkommen. Dann wollen wir diskutieren, wie wir den Umweltschutz, den Naturschutz, den Artenschutz und genauso den Klimaschutz im Lichte der Beschlüsse der neuen Berliner Regierung auf Länderebene weiter voranbringen können.“ Das habe laut Lies seinen besonderen Reiz, da im kommenden Jahr Niedersachsen parallel auch den Vorsitz der sich neu konstituierten Energieministerkonferenz innehabe: „Hier sehe ich viele Synergien, denn der Naturschutz auf der einen, die Energiewende und der Klimaschutz auf der anderen stehen sich nicht entgegen, sie bedingen einander. Angesichts der Herausforderungen und großen Entscheidungen, die anstehen, ist es eine große Chance, wenn die notwendigen Diskussionen noch besser verzahnt laufen können.“