Die Eingriffsregelung folgt folgenden Regeln:
Der beste Schutz für die Natur besteht darin, sie möglichst wenig zu beeinträchtigen. Je weniger Natur in Mitleidenschaft gezogen wird, um so weniger Kompensation ist erforderlich.
- Vermeidung von Beeinträchtigungen
- Ausgleich von Beeinträchtigungen
- Ersatzmaßahmen
- Ersatzzahlung
Ein vollständiger Ausgleich ist nur selten möglich. Deshalb sind für die nicht ausgleichbaren Beeinträchtigungen von Natur und Landschaft gleichwertige Ersatzmaßnahmen durchzuführen. (Sie müssen nicht gleichartig sein.) Ausgleich und Ersatz bilden zusammen die Kompensation.
Naturschutz bei Vorhaben und Plänen - was gilt sonst noch?
Neben der Eingriffsregelung können zu Vorhaben weitere naturschutzrechtliche Entscheidungen nach verschiedenen Vorschriften des Bundesnaturschutzgesetzes (BNatSchG) oder des Hessischen Ausführungsgesetzes zum Bundesnaturschutzgesetz (HAGBNatSchG) erforderlich werden.
Dies soll nachfolgend am Beispiel eines Bauvorhabens erläutert werden:
Eine naturschutzrechtliche Eingriffsgenehmigung (§ 17 BNatSchG) ist nach §18 BNatSchG grundsätzlich nur im Außenbereich erforderlich; im beplanten Innenbereich werden Naturschutzbelange entweder in die bauleitplanerische Abwägung eingestellt oder im Zuge der Entscheidung nach § 34 BauGB berücksichtigt. Alle anderen Naturschutzregelungen können sich prinzipiell auf den Innen - und Außenbereich beziehen.
Verfahren, Biotop-, Gebiets- und Objektschutz
Bei Vorhaben im Außenbereich umfasst eine Baugenehmigung nach § 3 Abs. 3 HAGBNatSchG in der Regel auch die naturschutzrechtliche Eingriffsgenehmigung, eine Ausnahme nach § 30 Abs. 3 BNatschG und eine Genehmigung nach einer Verordnung über ein Landschaftsschutzgebiet, Naturdenkmal oder einen geschützten Landschaftsbestandteil. Die Eingriffsgenehmigung und die Zulassung eines Vorhabens nach § 34 BauGB ergehen dann im Benehmen mit der unteren Naturschutzbehörde, die übrigen genannten Entscheidungen im Einvernehmen mit dieser. Bedarf die Zulassung oder Ausführung eines Vorhabens einer Ausnahme oder einer Befreiung nach § 45 Abs. 7 oder § 67 BNatSchG oder aufgrund einer Naturschutzgebietsverordnung, so werden alle naturschutzrechtlichen Entscheidungen von der Naturschutzbehörde getroffen (§ 3 Abs. 4 HAGBNatSchG).
Natura 2000
Können Vorhaben einzeln oder im Zusammenwirken mit anderen Vorhaben, Maßnahmen, Projekten oder Plänen zu erheblichen Beeinträchtigungen eines Natura 2000-Gebiets führen, sind sie unabhängig von der Baugenehmigungsbedürftigkeit unzulässig (§§ 33, 34 BNatSchG). Dies betrifft auch Maßnahmen, die von außen in einem solchen Gebiet zu erheblichen Beeinträchtigungen führen können. Über Ausnahmen entscheidet die im Zulassungsverfahren zuständige Behörde im Benehmen mit der Naturschutzbehörde (§ 34 BNatschG) nach Durchführung einer Verträglichkeitsprüfung. Ist eine eigenständige Zulassung durch eine Naturschutzbehörde erforderlich, entscheidet diese selbst über die Ausnahme nach § 34 BNatSchG. Bedarf ein Projekt in einem Natura 2000-Gebiet keiner behördlichen Entscheidung, ist es der oberen Naturschutzbehörde anzuzeigen (Regierungspräsidium).
Artenschutz
Eine Ausnahme nach § 45 Abs. 7 oder eine Befreiung nach § 67 BNatSchG von den artenschutzrechtlichen Zugriffsverboten des § 44 Abs. 1 BNatSchG kann unabhängig von einer Baugenehmigungsbedürftigkeit erforderlich sein. Typische Fälle sind Dachsanierungen, Dachausbauten, Wärmedämmungen oder die Vergitterung von Öffnungen, insbesondere in Scheunen, Kirchen oder anderen historischen Bauwerken, wenn diese zu einer Beeinträchtigung von Nist-, Brut- oder Aufzuchtstätten von Eulen oder Fledermäusen führen (Bitte auf Kotreste, Gewölle oder vorhandene Nestern achten und ggf. fotografieren). Auch die Beeinträchtigung oder Beseitigung von Nestern von Greifvögeln, Mauerseglnern oder Schwalben durch Maßnahmen an Fassaden (insbesondere Dämmung oder Verfüllung von Spalten oder anderen Maueröffnungen) kann eine Ausnahme oder Befreiung erforderlich machen. In diesen Fällen ist auf jeden Fall naturschutzfachlicher Rat einzuholen. Bei Arten, die der FFH-Richtlinie (zum Beispiel Fledermäuse) oder der Vogelschutzrichtlinie unterliegen (alle europäischen Vogelarten), darf die Ausnahme nur im Einklang mit den europarechtlichen Vorschriften zugelassen werden. Zuständig für die Ausnahme oder Befreiung ist die untere Naturschutzbehörde. Bitte ggf. mit entsprechenden Fotos Kontakt mit der unteren Naturschutzbehörde aufnehmen.
Grünbestände im besiedelten Bereich
Unabhängig von der Baugenehmigungsbedürftigkeit können Gemeinden in einer Satzung nach § 29BNatSchG i.V.m. § 12 Abs. 1 Satz 3 i.V.m. Abs. 2 Satz 2 HAGBNatSchG die Beseitigung von Grünbeständen im besiedelten Bereich von einer Genehmigung abhängig machen.
Unterlagen
Für Eingriffe in Natur und Landschaft richten sich die vorzulegenden Unterlagen nach Anlage 4 der Kompensationsverordnung (KV); die Unterlagen nach Anlage 4 KV können in die Freiflächenplanung integriert werden, soweit dies die Lesbarkeit nicht beeinträchtigt. Die vorzulegenden Unterlagen im Bereich einer Satzung nach § 29 BNatSchG i.V.m. § 12 Abs. 1 Satz 3 i.V.m. Abs. 2 Satz 2 HAGBNatSchg richten sich nach der Satzung. In den übrigen Fällen reicht ein formloser schriftlicher Antrag bei der unteren Naturschutzbehörde, auf dem die Naturschutzbehörde die vorzulegenden Unterlagen mitteilt.
Hinweis:
Der unter „Downloads“ eingestellte „Leitfaden für die artenschutzrechtliche Prüfung in Hessen“ (Stand Mai 2011) soll aktualisiert werden. Bis dahin ist statt Anhang 4 (Erhaltungszustände der Tier- und Pflanzenarten) des Leitfadens die „Liste der Tier- und Pflanzenarten Hessens mit besonderer Planungsrelevanz (Stand 16.06.2014)“ zu verwenden.