Das Gericht hat dabei bestätigt, dass der Rückbau die aktuell geltenden Sicherheitsstandards nach dem Stand von Wissenschaft und Technik erfüllt. Es bestätigte auch, dass die Öffentlichkeit während des Genehmigungsverfahrens in dem rechtlich vorgesehenen Maße informiert wurde und entsprechende Möglichkeiten zur Beteiligung geschaffen wurden.
Umweltminister Ingmar Jung erklärt dazu: „Der Schutz der Bevölkerung hat oberste Priorität – auch beim Rückbau von Kernkraftwerken. Mit dem Urteil bestätigt der VGH, dass die Genehmigung diesen Schutz gewährleistet.“ Die 2017 erlassene Genehmigung ist die rechtliche Grundlage für den Rückbau des Kraftwerksblocks. Als zuständige Aufsichtsbehörde überwacht und kontrolliert das Hessische Ministerium für Landwirtschaft und Umwelt intensiv, dass der rechtliche Rahmen für den Rückbau vor Ort eingehalten wird.
Kritikpunkte des Klägers zurückgewiesen
Der Kläger kritisierte im Rahmen seiner Klage insbesondere das Freigabeverfahren, mit dem Reststoffe aus dem Kraftwerk aus der atomrechtlichen Überwachung entlassen werden. Das Freigabeverfahren beruht auf einem international anerkannten und etablierten Konzept, das permanent von wissenschaftlichen Gremien wie der Strahlenschutzkommission und von Sachverständigenorganisationen überprüft wird. Mit dem sogenannten 10-Mikrosievert-Konzept wird das mögliche Risiko der Bevölkerung auf ein vernachlässigbares Niveau gesenkt. Das Ministerium prüft dabei immer, ob die tatsächlichen Rahmenbedingungen bei der Freigabe mit den Annahmen übereinstimmen, die den Modellen zugrunde liegen. Mit seinem Urteil bestätigt der VGH nun, dass die Bevölkerung beim Freigabeverfahren verfassungskonform geschützt ist. Er stärkt dabei auch die Rolle der Strahlenschutzkommission, indem er ihre Stellungnahmen als Ausdruck des Standes von Wissenschaft und Technik betrachtet.
Auch die Kritik an der Öffentlichkeitsbeteiligung wies das Gericht zurück. Der Kläger hatte gefordert, das Verfahren nach dem weitergehenden Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz (UVPG) durchzuführen. Der VGH sah jedoch keinen Beleg dafür, dass die UVPG-Vorgaben tatsächlich umfassender sind als die der Atomrechtlichen Verfahrensverordnung (AtVfV). Auch die Kritik, dass der zufällige Absturz eines Großraumflugzeuges für die Genehmigung nicht betrachtet wurde, ließ der VGH nicht gelten. Der BUND hatte nicht dargelegt, inwiefern dieser Fall schwerwiegender sei als andere Flugzeugabsturzszenarien, die vom Ministerium betrachtet wurden.
Der VGH hat die Revision vor dem Bundesverwaltungsgericht zugelassen.
Hintergrund
Die beiden Blöcke des KKW Biblis wurden infolge des Reaktorunfalls im japanischen Kernkraftwerk Fukushima zunächst vorläufig stillgelegt und haben mit Inkrafttreten der 13. Atomgesetz-Novelle am 6. August 2011 ihre Berechtigung zum Leistungsbetrieb verloren. Seit Inanspruchnahme der 1. Stilllegungs- und Abbaugenehmigungen (SAG) 2017 für die beiden Blöcke befinden sich diese im sogenannten Restbetrieb und werden zurückgebaut. Die 1. SAG für Block B sowie die 2020 erlassenen 2. Abbaugenehmigungen für beide Blöcke sind bereits rechtskräftig.