Da zurzeit kein Endlager für radioaktive Abfälle zur Verfügung steht, müssen radioaktive Abfälle sicher zwischengelagert werden. Radioaktive Abfälle werden im Wesentlichen in zwei Gruppen unterschieden:
Abfälle mit vernachlässigbarer Wärmeentwicklung, die in der Schachtanlage Konrad endgelagert werden sollen und
Wärme entwickelnde radioaktive Abfälle und bestrahlte Brennelemente, für die noch kein Endlagerstandort ausgewählt wurde.
Zwischenlager für radioaktive Abfälle mit vernachlässigbarer Wärmeentwicklung werden in der Regel nach § 7 der Strahlenschutzverordnung durch die zuständigen atomrechtlichen Genehmigungs- und Aufsichtsbehörden der Länder genehmigt und beaufsichtigt.
Zwischenlager für Wärme entwickelnde radioaktive Abfälle sowie für bestrahlte Brennelemente werden nach § 6 des Atomgesetzes durch das Bundesamt für kerntechnische Entsorgungssicherheit genehmigt und durch die zuständigen Aufsichtsbehörden der Länder beaufsichtigt.
Mit der Novellierung des AtomgesetzesÖffnet sich in einem neuen Fenster im April 2002 wurde die Verpflichtung der Betreiber von Kernkraftwerken festgelegt, an den Standorten der Kernkraftwerke für die Zwischenlagerung der aus dem Betrieb entstehenden bestrahlten Brennelemente Sorge zu tragen. Die Pflicht zum Entsorgungsvorsorgenachweis gilt unverändert weiter, wobei der Nachweis durch die Lagerung in den Standort-Zwischenlagern erbracht wird. Außerdem wurde die Abgabe von abgebrannten Brennelementen an die Wiederaufarbeitungsanlagen in Frankreich und Großbritannien mit dem 30. Juni 2005 untersagt.
Die abgebrannten Brennelemente werden in speziellen Transport- und Lagerbehältern (z. B. der Bauart CASTOR) trocken aufbewahrt. Mit den derzeit bereits in Betrieb befindlichen dezentralen Zwischenlagern wird erreicht, dass weitere Transporte in der Bundesrepublik Deutschland, etwa von den Kernkraftwerken in zentrale Zwischenlager, nicht erforderlich sind.
Das Standort-Zwischenlager wurde am 18. Mai 2006 mit der Einlagerung des ersten Behälters (Typ CASTOR V/19) in Betrieb genommen. Die Aufbewahrungsgenehmigung des Zwischenlagers ist auf 40 Jahre befristet.
Aufgrund internationaler Verpflichtungen hat die Bundesrepublik Deutschland weitere CASTOR-Behälter mit wärmeentwickelnden radioaktiven Abfällen aus der Wiederaufarbeitung von bestrahlten Brennelementen in Großbritannien und Frankreich zurück zu nehmen.
Da in das Zentrale Zwischenlager Gorleben derartige radioaktive Abfälle nicht mehr eingelagert werden sollen, werden die Behälter auf mehrere Standort-Zwischenlager, u.a. das SZL Biblis verteilt. Die RWE Power hat daher am 29.09.2017 beim Bundesamt für kerntechnische Entsorgungssicherheit (BfE) als zuständiger Genehmigungsbehörde einen Antrag auf Änderungsgenehmigung zur Aufbewahrung von bis zu sieben Castorbehältern aus der Wiederaufbereitungsanlage Sellafield (Großbritannien) im Standortzwischenlager Biblis eingereicht.
Nach dem Gesetz zur Regelung des Übergangs der Finanzierungs- und Handlungspflichten für die Entsorgung radioaktiver Abfälle der Betreiber der Kernkraftwerke (Entsorgungsübergangsgesetz) vom 27. Januar 2017 wurde das Standort-Zwischenlager Biblis zum 01. Januar 2019 an die Gesellschaft für Zwischenlagerung mbH (BGZ) übertragen. Diese istjetzt Genehmigungsinhaberin und Betreiberin des Zwischenlagers.
Bis zur Inbetriebnahme von Anlagen des Bundes zur Sicherstellung und zur Endlagerung radioaktiver Abfälle sind diese vom Ablieferungspflichtigen (Anlagenbetreiber) zwischen zu lagern. Die Zwischenlagerung kann auch von mehreren Aufbewahrungspflichtigen gemeinsam oder durch Dritte erfolgen (§ 78 Strahlenschutzverordnung). Neben den Zentralen Zwischenlägern für radioaktive Abfälle mit vernachlässigbarer Wärmeentwicklung wurden an den KKW Standorten ebenfalls Abfall-Zwischenlager eingerichtet. So auch am Standort Biblis mit dem sogenannten LAW (low active waste)-Lager 1. In das LAW-Lager 1 können alle beim Betrieb des Kraftwerks anfallenden radioaktiven Abfallarten bis zu einer Gesamtaktivität von 3,071 E15 Bq eingelagert werden. Die Lagerung kann sowohl als konditionierter Abfall, als Rohabfall oder in verschiedenen Zwischenproduktstadien in zugelassenen Behältern entsprechend den mit der Genehmigung festgelegten Randbedingungen erfolgen. Insofern ist das LAW-Lager 1 als Zwischenlager für radioaktive Abfälle bis zur Inbetriebnahme eines Bundesendlagers eine für die ordnungsgemäße Entsorgung der beim Betrieb des KKW Biblis anfallenden Abfälle wichtige Einrichtung.
Zur sicheren Entsorgung der Betriebsabfälle und um einen reibungslosen Ablauf des Abbaus sicherzustellen, muss die vorübergehende Zwischenlagerung der beim Rückbau anfallenden schwach- und mittelradioaktiven Reststoffe am Kraftwerksstandort gewährleistet werden. Aus diesem Grund hat die RWE Power AG am 16. Januar 2013 beim HMUKLV ein neu zu errichtendes Lager für radioaktive Abfälle und Reststoffe aus dem Betrieb und Abbau am Standort Biblis (LAW-Lager 2) beantragt. Neben einer Genehmigung nach § 7 StrlSchV (Strahlenschutzverordnung) des HMUKLV ist auch eine baurechtliche Genehmigung nach § 64 HBO (Hessischen Bauordnung) des Bauaufsichtsamts des Kreises Bergstraße erforderlich. Diese Genehmigungen wurden am 05.04.2016 (Genehmigung nach § 7 StrlSchV) sowie am 05.11.2015 (Genehmigung nach § 64 HBO) erteilt. Die zulässige Gesamtaktivität der im LAW-Lager 2 eingelagerten Abfälle und Reststoffe ist dabei auf maximal 2E+17 Bq begrenzt.
Anfang Oktober 2016 wurde mit dem Bau des LAW-2 Lagers an der westlichen Begrenzung des Kraftwerksgeländes begonnen. Das Lagergebäude mit 109 Metern Länge, 28 Metern Breite und 16 Metern Höhe gliedert sich in zwei Lagerbereiche, einen Verladebereich und in einen Anbau mit einem Zugangs- und Technikbereich.Das Gebäude isterrichtet und betriebsbereit. Die Lagerung der Abfälle erfolgt nur in zugelassenen Behältern, wodurch ein sicherer Einschluss der schwach- und mittelradioaktiven Reststoffe und Abfälle sichergestellt wird.
Auch beim Abbau des Kraftwerks haben die Sicherheit und der Schutz der Bevölkerung vor radioaktiver Strahlung oberste Priorität.Nach dem Entfernen der Kernbrennstoffesind nochdie folgenden Schutzziele sicherzustellen:
Einschluss der radioaktiven Stoffe (Aktivitätsrückhaltung)
Begrenzung der Strahlenexposition
Block A des KKW Biblis ist seit dem 22.11.2016 frei von Kernbrennstoffen. Im Block B wurde der Anlagenzustand „Kernbrennstofffrei“im Juni 2019 erreicht.
Stillsetzungs- und Abbaumaßnahmen:
Die Genehmigungen nach § 7 Abs. 3 AtG legen den Rahmen der Abbaumaßnahmen, die Verfahren, sowie die Schutzmaßnahmen fest, nach denen die Stillsetzungs- und Abbaumaßnahmen durchgeführt werden dürfen. Die Prüfung der einzelnen Abbaumaßnahmen erfolgt im Rahmen der staatlichen Aufsicht nach § 19 Atomgesetz.
Gegenwärtig werden in der Anlage folgende Maßnahmen durchgeführt:
Anpassung der Infrastruktur an den Abbau, z.B. Einrichtung von Pufferlagerflächen und Transportwegen, Errichtung einer Abrasivstrahlanlage, Modernisierung des Dekontraums
Ersatz von Komponenten und Systemen, die für den Restbetrieb überdimensioniert sind, z.B. neue Abwasserverdampfer
technische Stillsetzungen von Systemen, die für den Restbetrieb nicht mehr benötigt und abgebaut werden sollen
Abbau von Systemen, die für den Restbetrieb nicht mehr benötigt werden und schon stillgesetzt sind, z.B. wurden die Hauptkühlmittelleitungen im Block A abgebaut. Zur Zeit findet der Abbau der Dampferzeuger in Block A statt
Maßnahmen zur Entsorgung bzw. Vorbehandlung von Abfällen, z.B. Zerkleinern und Verpacken von Kernbauteilen aus Block A gemäß Ablaufplänen, die vom Bundesamt für kerntechnische Entsorgung genehmigt sind
Das Betriebsreglement wird laufend an den aktuellen Zustand der Anlage und den Abbaufortschritt angepasst.
Daneben werden weiterhin wiederkehrende Prüfungen (WKP)an Restbetriebssystemen, sowie Wartungs- und Instandhaltungsmaßnahmen durchgeführt.
Überwachung
Für die Überwachung der Sicherheit von Kernkraftwerken sind die Länder zuständig. Das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit (BMU) sorgt im Rahmen der Bundesauftragsverwaltung für eine einheitliche Handhabung sicherheitstechnischer Grundsätze und Anforderungen. Bei dieser Aufgabe erhält das BMU zusätzliche Unterstützung durch das Bundesamt für Strahlenschutz (BfS), das Bundesamt für kerntechnische Entsorgungssicherheit (BfE), sowie durch die unabhängigen Experten der Reaktorsicherheitskommission (RSK)Öffnet sich in einem neuen Fenster und der Entsorgungskommission (ESK)Öffnet sich in einem neuen Fenster.
Während der gesamten Lebensdauer einschließlich der Stilllegung unterliegen Kernkraftwerke nach Erteilung der erforderlichen Genehmigungen einer kontinuierlichen staatlichen Aufsicht. Die Aufsicht hat insbesondere das Ziel, das in der Genehmigung festgelegte Sicherheitsniveau aufrechtzuerhalten und Gefahren abzuwehren. Die Aufsichtsbehörde überwacht die Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften, und der darauf beruhenden Anordnungen und Verfügungen sowie der Bestimmungen des Genehmigungsbescheids durch die Betreiber. Hierzu gehört auch, dass Schwachstellen der erforderlichen Schadensvorsorge aufgedeckt werden und Abhilfe geschaffen wird.
Die zuständige Behörde kann darüber hinaus nachträgliche Auflagen erlassen, soweit dies erforderlich ist, um "Leben, Gesundheit und Sachgüter vor den Gefahren der Kernenergie zu schützen".
Ungeachtet der Verantwortung der Kernkraftwerksbetreiberin, den sicheren Restbetrieb und Abbau ihres Kernkraftwerkes grundsätzlich selbst und in eigener Verantwortung zu gewährleisten, ist es Aufgabe der Aufsichtsbehörde mittels eines geeigneten Instrumentariums zu überprüfen, ob die Betreiberin dieser Verantwortung nachkommt. Dies erfolgt durch repräsentative stichprobenweise Prüfungen bzw. messtechnische Kontrollen vor Ort sowie durch Überprüfung der einschlägigen Betriebs- und Dokumentationsunterlagen.
Da in der Regel technisch komplizierte Sachverhalte zu klären sind, macht die atomrechtliche Aufsichtsbehörde von der rechtlichen Möglichkeit Gebrauch, Sachverständige hinzuzuziehen.
Die Aufsichtsbehörde ist ermächtigt, sich jederzeit Zutritt zu den Anlagen zu verschaffen, um Überprüfungen durchzuführen. Sie kann im Bedarfsfall Anordnungen erlassen oder sogar den Betrieb vorübergehend einstellen lassen, wenn Abweichungen von gesetzlichen Bestimmungen bzw. Genehmigungsauflagen festgestellt werden, die eine Gefahr für Leben, Gesundheit oder Sachgüter gemäß dem §1 des Atomgesetzes darstellen.
Die Intensität und der Umfang der Überprüfungen durch die Aufsichtsbehörde hängt insbesondere von der sicherheitstechnischen Bedeutung des jeweiligen Bereiches ab, kann aber auch durch andere Einflüsse, wie z.B. besondere Vorkommnisse oder Feststellungen der Aufsichtsbehörde beeinflusst werden. Die Methodik und Vorgehensweise ist im Einzelnen in einem Überwachungshandbuch festgelegt.
Im Gegensatz zu einer im Betrieb befindlichen Anlage ist das Gefahrenpotenzial einer stillgelegten Anlage deutlich verringert. Für die Überwachung bedeutet dies, dass der veränderte Anlagenzustand und die damit zusammenhängenden geänderten sicherheitstechnischen Randbedingungen Auswirkungen auf den Umfang und den Schwerpunkt der einzelnen Überwachungsaufgaben haben.
Schwerpunkte der Überwachungstätigkeit sind gegenwärtig:
Emissions- und Immissionsüberwachung
Überwachung der Einhaltung der Strahlenschutzvorschriften für das Betriebspersonal
Betriebsbegehungen und Wiederkehrende Prüfungen
Prüfung von Stillsetzungs- und Abbaumaßnahmen
Transportkontrollen
Zuverlässigkeitsprüfung des Personals
Fachkundeprüfung des Personals
Entsorgungradioaktiver Abfälle
Freigaben
Bewertung von meldepflichtigen Ereignissen
Umgebungsüberwachung
Die Ergebnisse der behördliche Überwachungstätigkeit des Jahres 2021 sind im Jahresbericht 2021 dargestellt.