In einem Geflügelbetrieb in Rockenberg im Wetteraukreis wurde das Vogelgrippevirus festgestellt. Auf behördliche Anordnung mussten daraufhin die rund 2700 Tiere des Betriebes getötet werden. Das Landwirtschaftsministerium beantwortet die wichtigsten Fragen zum Seuchengeschehen in Hessen.
Welche behördlichen Maßnahmen werden bei einem Ausbruch angeordnet?
Wird der Vogelgrippe-Erreger in einem Bestand festgestellt, ordnet die Veterinärbehörde des Kreises oder der kreisfreien Stadt die sogenannte Keulung an. Dies bedeutet, dass alle Vögel tierschutzgerecht getötet werden müssen. Ebenso wird die unschädliche Beseitigung der getöteten Tiere des betroffenen Bestandes angeordnet. Auch Eier und Schlachtkörper müssen entsorgt werden. Anschließend muss der Stall gereinigt und desinfiziert werden. Um die betroffene Haltung herum werden eine Schutzzone im Radius von drei Kilometern und eine Überwachungszone im Radius von zehn Kilometern eingerichtet.
Was gilt in den eingerichteten Zonen?
Alle Geflügelhalter müssen sich bei der Veterinärbehörde melden. Empfängliche Tiere müssen in geschlossenen Ställen oder unter Schutzvorrichtungen gehalten werden. Das Verbringen von Geflügel, Eiern oder Fleisch ist verboten. Es darf auch keine Gülle ausgebracht werden. Alle Betriebe in der Schutzzone werden zeitnah von der Veterinärbehörde überprüft. Dabei werden Proben genommen und im Labor untersucht. In der Überwachungszone erfolgt die Kontrolle stichprobenartig. Diese Maßnahmen sind darauf ausgerichtet, die Verbreitung des Virus zu verhindern.
Wie lange bleiben die Zonen bestehen?
In der Schutzzone gilt eine Mindestdauer von 21 Tagen nach der erfolgreichen Reinigung und Desinfektion. In der Überwachungszone sind es 30 Tage. Eine Schutzzone wird somit nach drei Wochen zur Überwachungszone.
Was ist hierfür die Rechtsgrundlage?
Maßnahmen zur Bekämpfung der Geflügelpest erfolgen nach den Vorgaben des europäischen Tiergesundheitsrechts (Delegierte Verordnung (EU) 2020/687). Die Veterinärbehörden sind daran gebunden und müssen die Maßnahmen umsetzen.
Wie viele Betriebe liegen im konkreten Fall in Rockenberg in den jeweiligen Zonen?
In der Schutzzone sind mehr als 50 kleinere Betriebe mit rund 1.100 Tieren betroffen. In der Überwachungszone gibt es knapp 600 Betriebe, die mehr als 120.000 Tiere halten.
Werden betroffene Halter entschädigt?
Ja, sie erhalten eine Entschädigung von der Tierseuchenkasse und vom Land, je zur Hälfte. Land und Tierseuchenkasse zahlen auch für die Tötung durch einen Fachbetrieb und für die Entsorgung. Für die Reinigung und Desinfektion können Halter zudem eine Beihilfe bei der Tierseuchenkasse beantragen.
Wird es nun eine landesweite Aufstallpflicht geben?
Nein, die Entscheidung darüber treffen weiterhin die Veterinärbehörden vor Ort. Eine landesweite Aufstallpflicht gilt als Ultima Ratio. Zudem gibt es in Hessen auch Gebiete, die nicht auf den Zugbahnen der Wildvögel liegen und ohne Seen und Gewässer, die von Wildvögeln genutzt werden.
Warum wird nicht geimpft, um die Seuche einzudämmen?
Eine Impfung ist bei der Vogelgrippe nicht so einfach möglich wie bei anderen Seuchenerkrankungen, etwa der Blauzungenkrankheit. Es gibt gegen die Vogelgrippe keinen zugelassenen Impfstoff, der aktuell wirksam ist. Eine Impfung ist zudem nach EU-Recht verboten. Sie wäre lediglich als Ausnahme unter strengsten Auflagen möglich.
Kann sich die Vogelgrippe auch auf Säugetiere wie Hauskatzen und Hunde übertragen?
Dass sich Haustiere mit der Vogelgrippe anstecken, ist zwar grundsätzlich möglich, aber auch eher unwahrscheinlich. Dazu müssten sie wirklich große Mengen des Virus aufnehmen. Bei einer Infizierung sind die Symptome in der Regel mild. Um Ansteckungen zu verhindern, sollten Hundehalter ihre Tiere in Gebieten mit Gänsen, Schwänen oder Kranichen – also in der Nähe von Gewässern und in Feuchtgebieten – anleinen und von den Kadavern von Wasservögeln fernhalten.
Ist eine Übertragung auf den Menschen möglich?
Eine Übertragung auf den Menschen ist möglich, aber unwahrscheinlich. Es bedarf eines intensiven Kontakts mit infizierten Vögeln oder deren Ausscheidungen. Laut RKI sind in Deutschland bislang keine Erkrankungen beim Menschen mit aviären Influenzaviren bekannt. Wer sich ansteckt, kann Fieber bekommen, dazu Husten und sogar Atemnot. Auch Magen-Darm-Symptome sind möglich. In Amerika gab es bei Infektionen bei Menschen auch Fälle von Bindehautentzündung.
Welche Biosicherheitsmaßnahmen sollten beachtet werden?
Geflügelhaltern wird dringend zur Einhaltung von sogenannten „Biosicherheitsmaßnahmen“ geraten. Der Kontakt von Haus- und Wildvögeln muss unbedingt vermieden werden. Vor allem dürfen Wildvögel keinen Zugang zu Futter, Einstreu oder anderen Gegenständen bekommen, die auch mit Hausgeflügel in Kontakt kommen. Geflügel darf auch nicht an Gewässern trinken, wo sich auch wilde Vögel aufhalten. Geflügelschauen sollten am besten absagt werden – und auch Verkaufstouren für Geflügel.