Hessens Forstminister Ingmar Jung spricht vor Journalisten im Wald, hinter ihm sind Schautafeln aufgestellt.

Hessisches Ministerium für Landwirtschaft und Umwelt, Weinbau, Forsten, Jagd und Heimat

Hessens Wald ist weiterhin gestresst

Forstminister Ingmar Jung hat den Waldzustandsbericht 2025 vorgestellt: "Langfristiger Waldumbau zu klimastabileren Wäldern wird durch die hessische Landesregierung zielgerichtet vorangetrieben."

Der Zustand des hessischen Waldes befindet sich wie schon in den vergangenen Jahren auf einem hohen Schadniveau. „In den vergangenen zwei Jahren hat sich der Vitalitätszustand leider nur minimal verbessern können. Hessens Wald braucht in dieser Situation unsere volle Unterstützung. Der langfristige Waldumbau hin zu klimastabileren Wäldern wird daher durch die hessische Landesregierung weiterhin zielgerichtet vorangetrieben“, sagte heute der Hessische Forstminister Ingmar Jung bei der Vorstellung des Waldzustandsberichtes 2025 im Forstamt Königstein.

Anhaltendes Schadniveau

Der langfristige Erwärmungstrend setzt sich ungebrochen fort: Das Vegetationsjahr 2024/2025 (Oktober 2024 – September 2025) war mit einer Mitteltemperatur von 10,1 Gad wieder eines der wärmsten Jahre seit Auswertungsbeginn (1961). Die Niederschlagssumme betrug im Flächenmittel von Hessen knapp 650 Millimeter und lag damit nur bei rund 80 Prozent der langjährigen Niederschlagsmenge. Von Februar bis Anfang Juli gab es zudem eine ausgeprägte fünfmonatige Trockenperiode.

Im aktuellen Jahr ist die mittlere Kronenverlichtung aller Baumarten und Altersstufen auch aufgrund gut gefüllter Wasserspeicher zu Vegetationsbeginn geringfügig um einen Prozentpunkt auf 27 Prozent zurückgegangen. Sie verbleibt aber weiterhin auf einem hohen Schadniveau. Die Verlichtung der Baumkrone ist ein wichtiger Indikator, um den Gesundheitszustand von Bäumen beurteilen zu können. Gesunde Bäume haben eine geringe Kronenverlichtung. Auch der Anteil starker Schäden, das heißt eine Kronenverlichtung von mehr als 60 Prozent, bleibt über alle Baumarten hinweg seit 2019 auf anhaltend hohem Niveau. „Die seit 2018 eingetretenen Schäden und ihre Folgewirkungen sowie wiederkehrende Wetterextreme setzen dem hessischen Wald weiterhin sichtbar zu“, erläuterte Forstminister Jung.

Neue Waldentwicklungsziele und klimaresiliente Wälder

Im Mai 2025 hat das Hessische Forstministerium neue Waldentwicklungsziele (WEZ) veröffentlicht. Dabei handelt es sich um Empfehlungen, wie sich Wälder langfristig hinsichtlich ihrer Struktur und Baumartenzusammensetzung entwickeln sollen, damit sie klimaangepasst sind. In einem durch das HMLU geförderten Projekt der Nordwestdeutschen Forstlichen Versuchsanstalt (NW-FVA) wurden bestimmte „alternative“ Baumarten auf ihre Anbauwürdigkeit, ökologische Zuträglichkeit und waldbauliche Eignung hin untersucht. Darunter sind sowohl heimische Baumarten, die bisher eher eine Rolle als Nebenbaumarten gespielt haben, aber auch nicht-heimische Baumarten aus dem submediterranen oder mediterranen Raum sowie aus Nordamerika (https://www.nw-fva.de/wir/aktuelles/wez-he-2025Öffnet sich in einem neuen Fenster). Auf Grundlage der Ergebnisse dieses Forschungsprojektes wurden in enger Zusammenarbeit mit der NW-FVA, dem Hessischen Waldbesitzerverband und dem Landesbetrieb Hessen-Forst die bestehenden Waldentwicklungsziele mit „alternativen“ Baumarten ergänzt, zum Beispiel den heimischen Arten Elsbeere, Feldahorn oder Flatterulme, seit langer Zeit eingeführten Arten wie Esskastanie oder Walnuss sowie nicht-heimischen Arten wie Baumhasel oder Zedern. Sie erfüllen die vielfältigen und strengen Kriterien zur Anbauwürdigkeit.

Die wissenschaftlich abgesicherte Überarbeitung der WEZ ermöglicht den Waldbesitzern eine Förderung im Rahmen der „Richtlinie für die forstliche Förderung in Hessen“ und der „Extremwetter-Richtlinie“. Auch der Staatswald nutzt die neuen WEZ im Rahmen des klimaangepassten Waldumbaus. Da sich nicht alle Waldentwicklungsziele für jeden Standort in Hessen eignen, stellt die NW-FVA eine digitale Anwendung bereit, die für jeden einzelnen Waldstandort im Land Empfehlungen ausweist 
(https://www.nw-fva.de/unterstuetzen/software/baem/hessenÖffnet sich in einem neuen Fenster).

„Die Wiederbewaldung der großen Schadflächen und der Waldumbau hin zu klimaresilienten Wäldern in Hessen mit klimaangepassten Baumarten wird dadurch konsequent fortgeführt“, erläuterte Forstminister Jung. Die Hessische Landesregierung unterstützt dabei alle Waldbesitzer mit fundierten Beratungsangeboten und finanziellen Mitteln.

Neue Instrumente bei der Förderung des Kommunal- und Privatwaldes

Waldumbau und Wiederaufforstung sind oft mit großen Investitionen verbunden, die sehr langfristig – auf Jahrzehnte bis Jahrhunderte – ausgerichtet sind. Die Entscheidung, was auf einer bestimmten Waldfläche genau geschehen soll, erfordert zudem umfangreiches Wissen und Sachverstand. Private und körperschaftliche Waldbesitzer erhalten für diese Aufgaben Unterstützung von Seiten der Forstverwaltung. Diese besteht nicht nur in Beratungsarbeit und der Bereitstellung von Grundlageninformationen, sondern auch in finanzieller Förderung. Pflanzungen oder Saat sowie vorbereitende Arbeiten können mit Landes- und Bundesmitteln gefördert werden.

In den Jahren 2019-2024 förderte das Land den Waldumbau in Hessen mit mehr als 100 Millionen Euro: Als die Dürre auf ihrem Höhepunkt war und das meiste Schadholz anfiel, lag der Schwerpunkt der Förderung auf dem Waldschutz und der Aufarbeitung des Schadholzes. Später verschob sich der Schwerpunkt der Förderung immer mehr zur Wiederaufforstung der geschädigten Waldflächen und zum Waldumbau.

Die Förderung für Schadholzaufarbeitung und zur Bekämpfung des Borkenkäfers gingen 2024 stark zurück, während der Bedarf für Wiederbewaldung und Waldumbau weiterhin hoch bleibt. Dabei handelt es sich um die zentralen forstlichen Aufgaben dieser Zeit: Die Summe der Flächen, die von den Kalamitäten seit 2018 betroffen sind, werden in Hessen auf rund 90.000 Hektar Wald geschätzt, das sind etwa zehn Prozent der Waldfläche. Doch auch Waldbestände, die bisher keine größeren Schäden erlitten haben, sind zum Teil gefährdet. Sie sollten langfristig sukzessive umgebaut werden, um mehr Klimastabilität zu erreichen und die Folgen bei zukünftigen Schadereignissen gering zu halten. Die WEZ dienen hier auch als Grundlage für die forstliche Förderung.

Eine wichtige Neuerung der Forstlichen Förderung ist seit Mai 2025 der Förderbereich B6 „Landesförderung Waldumbau“. Er ergänzt den im Rahmen der GAK kofinanzierten Förderbereich B2 „Waldumbau“. Während die Richtlinie weitgehend aus GAK-Mitteln finanziert wird (60 Prozent Bund, 40 Prozent Land), wird der Förderbereich B6 aus reinen Landesmitteln finanziert. Der Bereich B6 ergänzt den Bereich B2 um weitere Waldentwicklungsziele und ein erweitertes Baumartenspektrum. Somit können auch Waldentwicklungsziele mit führender Douglasie oder Roteiche gefördert werden.

Wiederbewaldung im Staatswald

Auch im Hessischen Staatswald wird die Wiederbewaldung und der planmäßige Waldumbau intensiv vorangetrieben. So wurden seit 2018 mehr als 25 Millionen Bäume gepflanzt und in den zurückliegenden Jahren durchschnittlich rund zehn Millionen Euro pro Jahr für Verjüngung und Pflegemaßnahmen investiert. Bei der Pflanzung wurden insbesondere Douglasien, Eichen, Edellaubbäume und Tannen verwendet. Angesichts des voranschreitenden Klimawandels und der bereits sichtbaren, sich zukünftig weiter verschärfenden Auswirkungen auf den Wald ist die Entwicklung klimastabiler Wälder ein Handlungsschwerpunkt für Hessen-Forst.

„Unser hessischer Wald steht vor großen Herausforderungen. Es besteht weiterhin dringender Handlungsbedarf. Waldumbau und Wiederaufforstung haben nach wie vor Priorität in der Forstpolitik. Geschädigte oder potenziell gefährdete Waldbestände sollen umgebaut werden – wo der Wald zerstört ist, soll neuer Wald entstehen. Ziel all unserer Bemühungen ist, die vielfältigen Mischwälder aufzubauen, die wir benötigen. Sie sollen klimastabiler sein und erhöhten Risiken standhalten können“, betonte Hessens Forstminister Jung abschließend.

Hintergrund zur Datenerhebung:

In den Monaten Juli und August wurde der Zustand des Waldes in Hessen nach bundeseinheitlichen Kriterien erfasst. Die Erhebung durch geschulte Teams findet auf einem für die hessischen Wälder repräsentativen 8x8-Kilometer-Dauerbeobachtungsnetz mit 135 Erhebungspunkten (2025) statt und umfasst die Kronenverlichtung der Bäume, die Fruktifikation, Kleinblättrigkeit sowie Insekten- und Pilzschäden. In der besonders betroffenen Rhein-Main-Ebene erfolgt zusätzlich eine Vollerhebung auf einem 4x4-Kilometer-Rasternetz. Die Daten von rund 4.000 Bäumen ermöglichen repräsentative Aussagen.

Zentrale Ergebnisse des Waldzustandsberichtes im Überblick:

  • Die Buche ist die wichtigste Baumart in Hessens Wäldern (mehr als 30 Prozent Baumartenanteil). Diese Baumart beeinflusst daher das Gesamtergebnis zum Waldzustand deutlich.
  • Bei den älteren Buchen ist die mittlere Kronenverlichtung von 34 Prozent auf 32 Prozent leicht gesunken. Acht Prozent der älteren Buchen haben mittel oder stark fruktifiziert.
  • Der Fichtenanteil am Datenumfang der Waldzustandserhebung ist in den vergangenen Jahren drastisch zurückgegangen. Aufgrund des daraus resultierenden geringen Stichprobenkollektivs und der aktuell großen Wertespannen sind die ermittelten Ergebnisse für ältere Fichten über 60 Jahre nicht ausreichend statistisch abgesichert.
  • Die mittlere Kronenverlichtung der älteren Eiche bleibt mit 31 Prozent auf dem hohen Niveau des Vorjahres. In den zurückliegenden Jahren gab es nur geringe Insektenfraßschäden.
  • Die mittlere Kronenverlichtung der älteren Kiefer hat von 26 Prozent auf 28 Prozent zugenommen.
  • Die mittlere Kronenverlichtung bei den jüngeren Bäumen (alle Baumarten) hat sich leicht verbessert (2024: 16 Prozent; 2025: 15 Prozent).
  • Der Anteil starker Schäden liegt 2025 mit neun Prozent etwa zweieinhalb Mal so hoch wie im Mittel der Jahre 1984 – 2024 (3,7 Prozent). Die Jahre 2019-2025 weisen weit überdurchschnittliche Werte auf.
  • Die jährliche Absterberate (alle Bäume, alle Alter), ein wichtiger Indikator für Vitalitätsrisiken, hat sich von einem Prozent im Vorjahr auf 0,26 Prozent stark verringert. Sie liegt damit erstmals seit sieben Jahren wieder unter dem langjährigen Mittel von 0,45 Prozent.

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