Edertaalsperre im Sommer

Hessisches Ministerium für Landwirtschaft und Umwelt, Weinbau, Forsten, Jagd und Heimat

2022 trockenster Sommer in Hessen

Der Sommer 2022 war nach 2003 der zweitwärmste in Hessen und der trockenste seit Beobachtungsbeginn. Mit 56 Sommertagen über 25° C und nur 87 mm Niederschlag setzte er neue, denkwürdige Rekorde. Im September war es dann sehr nass, der Oktober war relativ ausgeglichen. Die Bilanz des Hessischen Landesamtes für Naturschutz, Umwelt und Geologie (HLNUG) zeigt: 2022 war insgesamt ein extremer Sommer, vor allem von Mai bis August. „Das hat es auch früher vereinzelt gegeben, aber wir hatten nun in vier Jahren drei Dürre-Sommer in Hessen“, so HLNUG-Präsident Prof. Dr. Thomas Schmid. „Wir müssen uns darauf einstellen, dass solche heißen und trockenen Phasen im Zuge des Klimawandels häufiger werden. Mitte des Jahrhunderts wird das ein normaler Sommer sein, wenn wir nicht endlich konsequent Klimaschutz betreiben.“ Statt durchschnittlich knapp sechs Hitzetagen mit über 30 Grad im Jahr (im Mittel über ganz Hessen) könnten es dann mehr als 20 sein. In Großstädten wie Frankfurt kommt zusätzlich noch der Hitzeinsel-Effekt hinzu: Dort werden es noch deutlich mehr Hitzetage – mit entsprechend negativen Folgen für die menschliche Gesundheit.

„Die Klimakrise verändert Hessen wie wir es kennen. Sie hat Einfluss auf unseren Wald, unsere Gewässer und nicht zuletzt auch auf unsere eigene Gesundheit. Alle Ebenen müssen handeln, um unser Leben und unsere Zukunft zu schützen. Auf Landesebene treiben wir den Klimaschutz mit dem Klimagesetz und der Weiterentwicklung des Klimaplans voran. Wir machen Hessen klimaneutral. Das ist das Gebot der Stunde“, so Umweltministerin Priska Hinz.

Witterung

Zwischen Mai und Oktober waren fünf von sechs Monaten zu warm. Nur im September lagen die Temperaturen im durchschnittlichen Bereich. Mit 16,5 °C betrug der Mittelwert in diesem Zeitraum 1,8 Grad mehr als der Mittelwert der Referenzperiode 1991-2020 für diesen Zeitraum. Die Sommermonate in Hessen waren gekennzeichnet durch geringe Niederschläge. Die vier Monate Mai bis August lagen weit unter den Durchschnittswerten der Referenzwerte von 1991-2020. Erst im September regnete es wieder mehr, hier fiel sogar mehr als das Doppelte der mittleren Niederschlagsmenge. Auch im Oktober fielen leicht überdurchschnittliche Regenmengen. Dadurch konnte das Niederschlagsdefizit der Monate Mai bis August aber nicht ausgeglichen werden. Mit 313 mm fielen 91 mm weniger Regen als im langjährigen Mittel 1991-2020.

Detaillierte Informationen zur aktuellen Witterung in Hessen im Vergleich zum beobachteten Klima der Vergangenheit (Daten ab 1881) lassen sich als Zeitreihen und Karten über den „Witterungsbericht Hessen“ abrufen, der über das neue „Klimaportal HessenÖffnet sich in einem neuen Fenster“ zugänglich ist.

Auswirkungen auf die Oberflächengewässer in Hessen

Flüsse und Bäche

Die hessischen Gewässer wiesen im Sommer 2022 niedrige bis sehr niedrige Wasserstände und Durchflussmengen auf. Ursache waren die geringen Niederschlagsmengen vor allem im August in Verbindung mit hohen Lufttemperaturen. Aber auch die Wasserarmut der Vorjahre, insbesondere der Jahre 2018 und 2020 wirkte noch nach.

Im Mai führten die Gewässer zwei Drittel der sonst üblichen Wassermengen, bis August nahm die Wasserführung immer mehr ab, sodass in diesem Monat im Mittel nur noch ein Drittel der sonst üblichen Wassermengen die Gewässer durchfloss. Infolge der starken Regenfälle im September, die mehr als das Doppelte des Monatswerts betrugen, ging die Niedrigwassersituation zurück. Jedoch lag die Wassermenge immer noch bei nur 90 Prozent, des sonst üblichen Werts. Auch im Oktober waren die Durchflüsse in den Fließgewässern trotz leicht überdurchschnittlicher Regenmengen noch 10 Prozent zu niedrig.

Talsperren und Seen

Der Inhalt der großen Talsperren wird nicht nur durch das Niederschlagsgeschehen, sondern auch von der Talsperrensteuerung beeinflusst. Die großen Talsperren, Eder- und Diemeltalsperre, wurden im Sommer zur Stützung der Oberweser abgelassen. Ab September wurde die Edertalsperre wieder leicht eingestaut. Ende Oktober war die Edertalsperre zu 19 Prozent gefüllt.

Chemisch-physikalische und biologische Beschaffenheit

Die hohen Lufttemperaturen, anhaltende Trockenheit und hohe Sonneneinstrahlung führten im Sommerhalbjahr 2022 vor allem in den Monaten Juni, Juli und August zu hohen Wassertemperaturen, die den Orientierungswert von 25 Grad im Maximum anhaltend erreichten. Im Main lagen selbst die Nachtwerte nur wenig unterhalb der 25°C-Marke und wurden im Maximum auch überschritten. Ein kurzfristiger Einbruch der Wassertemperatur war Mitte Juli über den Zeitraum von ungefähr einer Woche zu beobachten. Er führte zu einer Abkühlung auf 23 bis 24 °C im Main und teilweise sogar auf Werte kleiner 20°C in den Gewässern Fulda, Kinzig und Werra. Durch die hohe Sonneneinstrahlung kam es zu verstärktem Algenwachstum und damit verbunden zu hoher Photosyntheseaktivität. Dies äußerte sich in tagsüber hohen und nachts niedrigen Sauerstoffgehalten. Die pH-Werte erreichten ebenfalls Maximalwerte von 9 und darüber. Seit September zeigen sich nur geringe Schwankungen und Tagesdynamiken in den kontinuierlich aufgezeichneten Messwerten. Die Photosyntheseaktivität der Wasserpflanzen kommt zum Erliegen. Der milde Verlauf der Lufttemperatur bis in den Oktober spiegelt sich in den Wassertemperaturen wider. So lag etwa der Maximalwert an der Lahn in Oberbiel am 31. Oktober im vergangenen Jahr bei 9,8 °C, in diesem Jahr am 31. Oktober jedoch bei 13,3 °C.

Entwicklung der Bodenfeuchte

Die modellierten Daten des Deutschen Wetterdienstes zur Bodenfeuchte zeigen für Hessen zusammenfassend, dass die Wasserversorgung der Böden in allen Tiefenbereichen zu Beginn des Sommerhalbjahres 2022 im Mittel ausreichend bis sehr gut war. Die unterdurchschnittlichen Niederschläge und die zu warme Witterung sorgten mit dem Beginn der Vegetationsperiode allerdings landesweit für eine rasche Abnahme der Bodenfeuchte. Dadurch kam es vielfach zu starkem Trockenstress, der sich im Laufe des Sommers auch bis in die Unterböden ausbreitete. Ab etwa Mitte September sorgten die teils länger anhaltenden und ergiebigen Niederschläge für Entspannung und führten zu einer Erhöhung der Bodenfeuchte zum Ende des Sommerhalbjahres.

Entwicklung der Grundwasserstände

Die von Mai bis August andauernde Trockenheit hat zu deutlich sinkenden Grundwasserständen geführt. Erst die ergiebigen Niederschläge im September sorgten vielerorts für erste Entspannungssignale und einer Trendwende im Grundwasser. Durch die Niederschläge im Oktober setzte sich die Entspannung fort. Trotz dieser leichten Entspannung kann für das Grundwasser noch nicht von einer nachhaltigen Erholung gesprochen werden. Das für diese Jahreszeit übliche Grundwasserstandsniveau wird weiterhin an vielen Messstellen deutlich unterschritten. Ende Oktober 2022 bewegten sich die Grundwasserstände in Hessen an knapp der Hälfte der Messstellen noch immer auf einem sehr niedrigen oder unterdurchschnittlichen Niveau. Dabei ist das aktuelle Defizit im Grundwasser nicht nur auf den trockenen Witterungsverlauf des Jahres 2022, sondern im Wesentlichen auf das hohe Niederschlagsdefizit des extrem trockenen Jahres 2018 und die trockenen Folgejahre 2019 und 2020 zurückzuführen.

Durch die in den letzten beiden Monaten angestiegene Bodenfeuchte herrschen zu Beginn des für das Grundwasser besonders wichtigen hydrologischen Winterhalbjahres (November – April) günstige Randbedingungen für ein frühes Einsetzen des Grundwasserneubildungsprozesses. Ein nasses hydrologisches Winterhalbjahr könnte das bestehende Defizit im Grundwasser zwar nicht vollständig ausgleichen aber zumindest deutlich verringern.

Georisiken

In Hessen wird die Problematik von Setzungsschäden aufgrund der Austrocknung von setzungsempfindlichen Bodenschichten immer deutlicher. Bei weiteren Trockenjahren ist gerade in Regionen, in denen diese setzungsempfindlichen Bodenschichten auftreten, vermehrt mit Schäden an der Bebauung infolge von Setzungen zu rechnen.

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