Wie können wir dem Artensterben begegnen und den Naturschutz in Hessen stärken? Welche Wege sind in dieser komplexen Gemengelage die richtigen? Was können wir von anderen lernen und woher bekommen wir neue Impulse? Darüber diskutieren in Gießen auf der Landesnaturschutztagung rund 700 Naturschützerinnen und Naturschützer gemeinsam mit Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern, Naturschutzverbänden, den hessischen Naturschutzverwaltungen und Ehrenamtlichen.
Umweltministerin Priska Hinz appellierte in ihrem Grußwort an die Teilnehmerinnen und Teilnehmer, in ihren Anstrengungen für den Naturschutz nicht nachzulassen: „Wir haben in den letzten Jahren schon viel erreicht: Wir weisen mehr Schutzgebiete aus als je zuvor, wir beleben Moore wieder, investieren in den Schutz von wilden Bächen und blütenreichen Mähwiesen und helfen den Arten der Feldflur. Und wir stärken Strukturen auf allen Ebenen – mit dem Zentrum für Artenvielfalt, zusätzlichen Naturschutzförstern, einer neuen Biodiversitätsberatung für die Landwirtschaft oder einem lückenlosen Netz aus Landschaftspflegeverbänden. Die Erfolge sind sichtbar, ausgestorbene Arten kehren zurück. Aber es bleibt noch viel zu tun, um unsere Lebensgrundlagen und damit unser Leben und unsere Zukunft zu schützen. Dabei zählen wir auf die vielen engagierten Menschen in der Naturschutzverwaltung ebenso wie auf das Ehrenamt im Naturschutz.“
Vielfalt ist in Gefahr
Diese Notwendigkeit unterstrich auch der Präsident des Hessischen Landesamtes für Naturschutz, Umwelt und Geologie (HLNUG) Prof. Dr. Thomas Schmid „Ob Roter Würfel-Dickkopffalter, Grünstieliger Streifenfarn oder Europäischer Ziegenmelker – so schillernd und vielfältig wie die Namen sind auch unsere Flora und Fauna in Hessen. Doch diese Vielfalt ist in Gefahr: Denn diese Arten sind wie unzählige weitere in Hessen gefährdet oder vom Aussterben bedroht. Wenn wir nichts dagegen unternehmen, droht ein Großteil unserer heimischen Arten zu verschwinden, und zwar unwiederbringlich.“
Einen besonderen Gruß richtete er an zwei Rednerinnen des Vormittags: „Wir freuen uns, dass die parlamentarische Staatsekretärin im Bundesumweltministerium, Dr. Bettina Hoffmann, und die Präsidentin des Bundesamtes für Naturschutz, Sabine Riewenherm heute die nationale Perspektive des Naturschutzes aufzeigen. Ihre Anwesenheit unterstreicht die Bedeutung, die die hessische Landesnaturschutztagung inzwischen über die Landesgrenzen hinaus hat.“ Im Anschluss an die Bundesprominenz gab es hessische Inspiration und neue Impulse auch vom Fachgebiet Naturschutz der Universität Marburg und vom zuletzt deutlich erweiterten Nationalpark Kellerwald-Edersee.
Wissen bündeln und Zusammenhänge besser verstehen
Ein erster Schritt, um den Naturschutz in Hessen zu stärken, Wissen zu bündeln und Zusammenhänge besser zu verstehen, war die Gründung des Zentrums für Artenvielfalt (ZfA)Öffnet sich in einem neuen Fenster am Hessischen Landesamt für Naturschutz, Umwelt und Geologie (HLNUG) zum 1. Januar 2022: Hier sind nun die bisherige Abteilung Naturschutz des HLNUG, das Wolfszentrum Hessen, die Staatliche Vogelschutzwarte, die Geschäftsführung des Lore-Steubing-Instituts (LSI), die Naturschutzakademie Hessen mit dem Bereich Freiwilligendienste sowie die Wildbiologische Forschungsstelle unter einem Dach vereint.
Ab dem Mittag stellen sich die einzelnen Bereiche des ZfA und ihre Arbeit anhand von Vorträgen, Filmbeiträgen und Postern vor: Die Naturschutzakademie Hessen berichtet von ihrer Bildungsarbeit und dem Freiwilligen Ökologischen Jahr (FÖJ) in Hessen. HLNUG-Präsident Prof. Dr. Schmid berichtet, wie das Lore-Steubing-Institut auf dem weiten Feld der Biodiversitätsforschung Akteure aus Forschung und Praxis vernetzt und Projekte fördert, etwa die Renaturierung von Fließgewässern. Die Vogelschutzwarte, die Anfang des Jahres neu dazu gestoßen ist, stellt sich vor und erläutert künftige Schwerpunkte – inklusive eines zukunftsweisenden Projekts zum Monitoring aus der Luft anhand von Drohnen. Das Wolfzentrum Hessen stellt dar, wie es um die Wölfe und die Erfassung der Art in Hessen bestellt ist. Abgerundet wird die Veranstaltung durch einen Ausblick auf Kooperationsmöglichkeiten zwischen Naturschutz und Landwirtschaft.
Austausch und Vernetzung
„Die Natur schützen können wir nur gemeinsam,“ so HLNUG-Präsident Schmid. „Deshalb sind Austausch und Vernetzung so wichtig: Die vielen Ehrenamtlichen, die sich vor Ort genauestens auskennen. Die Fachleute, Gutachterinnen und Gutachter oder Kartiererinnen und Kartierer, die die Daten für uns erheben. Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, die die Daten interpretieren und damit forschen. Und Verwaltung und Politik, die auf dieser Basis arbeiten und gute Entscheidungen treffen müssen. Von ihnen und uns allen hängt es ab, ob uns der Schutz der Natur in Hessen wirklich gelingt.“