Die für den Weinbau zuständigen Ministerinnen und Minister aus acht Ländern haben sich unter Beteiligung des Bundes im Kloster Eberbach auf weinbaupolitische Leitlinien verständigt. Ziel ist ein gemeinsames Verständnis zentraler Handlungsfelder, um den deutschen Weinbau in einem herausfordernden Umfeld verlässlich zu stärken – mit besonderem Blick auf verändertes Konsumverhalten, den Inlandsmarkt, faire Wettbewerbsbedingungen und die wirtschaftliche Lage der Betriebe.
Hessens Weinbauminister Ingmar Jung betonte: „Der deutsche Weinbau steht wirtschaftlich und strukturell unter Druck. Gleichzeitig sind unsere Weingüter Aushängeschild, Innovationsmotor und Identitätsanker ganzer Regionen. Mit dem Kloster-Eberbach-Papier senden wir das Signal: Bund, Länder und Branche ziehen an einem Strang, um Wertschöpfung vor Ort zu sichern und unsere Kulturlandschaften zu erhalten.“
Staatsminister Jung begrüßte am 20. und 21. November 2025 seine Amtskolleginnen und -kollegen aus Baden-Württemberg, Bayern, Rheinland-Pfalz, Saarland, Sachsen-Anhalt, Sachsen und Thüringen sowie die Vertretung des Bundes im Rheingau. Im Mittelpunkt stand, wie der Weinsektor angesichts steigender Kosten, zunehmenden Wettbewerbsdrucks und sinkender Inlandsnachfrage zukunftsfest aufgestellt werden kann. Das verabschiedete Papier bündelt zentrale weinbaupolitische Positionen und Erwartungen an Bund und EU.
Leitlinien im Überblick
- Inlandskonsum aktivieren: Sichtbarkeit deutscher Weine in Handel, Weintourismus, Gastronomie und Direktvermarktung ausbauen; Herkunft und Qualität verständlich kommunizieren.
- Faire Wettbewerbsbedingungen: Handelshürden abbauen, praxistaugliche Kennzeichnungs- und Verpackungsvorgaben sichern.
- Förderung mit Wirkung: Programme stärker auf Markterschließung und Absatzförderung ausrichten; tragfähige Finanzierungsmodelle für Erzeugervereinigungen entwickeln; Innovationen im Markt fördern.
- EU-Weinsektorprogramm flexibilisieren: Fördermittel flexibilisieren; Einsatz für Kriseninstrumente, temporäre Marktentlastungsanreize und weinbauspezifische Agrar-, Umwelt- und Klimamaßnahmen ermöglichen.
- Herkunft & Verständlichkeit: Herkunftsprofile weiterentwickeln, Weinrecht vereinfachen und modernisieren, klare und verständliche Kennzeichnung am Regal.
- Bürokratieabbau & Digital: Melde- und Dokumentationspflichten spürbar reduzieren; Once-only, offene Schnittstellen, Single-Sign-On.
- Arbeits- und Fachkräfte sichern: Verlässliche Rahmen für Saisonarbeitskräfte, moderne Aus- und Weiterbildung, Nachwuchsgewinnung stärken.
Hessens Weinbauminister Jung bilanzierte: „Inlandskonsum stärken, Wettbewerbsnachteile abbauen, Betriebe entlasten, das sind unsere Leitplanken. Wir brauchen Regeln, die im Betrieb und am Regal funktionieren: weniger Bürokratie, klare Herkunft, praxistaugliche Vorgaben. So schaffen wir Verlässlichkeit für Winzerinnen und Winzer, Handel und Verbraucherinnen und Verbraucher.“
Klares Bekenntnis zu Herkunft, Qualität und Weinkultur
Ein Kern des Papiers ist das Bekenntnis zum Herkunftsprinzip und zum Terroirgedanken als Qualitätsversprechen deutscher Weine. Die Länder warnen vor einer Aufweichung des bestehenden Schutzes für Weine mit geschützter geografischer Angabe durch das Europäische Parlament mit weitergehenden Verschnittmöglichkeiten. Dies führe zu einem Verlust an Typizität und auch Glaubwürdigkeit.
Bürokratie abbauen, Förderung schärfen, Forschung bündeln
Die Länder vereinbaren, konkrete Entlastungsschritte zu entwickeln und die Digitalisierung konsequent zu nutzen.
Sie betonen die Rolle der unionsrechtlich verankerten Erzeugervereinigungen und drängen gemeinsam mit dem Bund auf tragfähige Finanzierungsmodelle, damit diese als „Hüterinnen der Herkunft“ wirken können: Sie sorgen dafür, dass auf der Flasche drin ist, was draufsteht, stimmen regionale Standards ab und vertreten die Herkunft nach außen. Neben der Profilierung der Herkunft sollen die Erzeugervereinigungen auch wirksames Marketing im In- und Ausland betreiben können. Für das EU-Weinsektorprogramm fordern die Länder mehr Flexibilität, damit Mittel nicht verfallen, sondern gezielt in Krisen- und Marktmaßnahmen fließen.
Vor dem Hintergrund angespannter Märkte soll der Zuwachs an Rebflächen regional vorübergehend ausgesetzt werden können, bis sich die Marktlage entspannt. Forschung und Wissenstransfer, etwa über den Forschungsring des Deutschen Weinbaus, werden länderübergreifend gestärkt.
Hintergrund
- Treffen am 20./21. November 2025 im Kloster Eberbach (Rheingau) mit den Ländern Baden-Württemberg, Bayern, Hessen, Rheinland-Pfalz, Saarland, Sachsen-Anhalt, Sachsen, Thüringen unter Beteiligung des BMLEH.
- Themen: wirtschaftliche Lage der Weingüter, Konsumtrends am Inlandsmarkt, Wettbewerbsbedingungen/Handelsschranken, Bürokratieabbau/Digitalisierung, EU-Weinsektorprogramm, Herkunft & Kennzeichnung, Fachkräfte.
- Das Papier formuliert gemeinsame Leitlinien und Erwartungen an Bund und EU.