Übertragung
Bisher sind mindestens 7 Serotypen von EHDV bekannt. EHDV wird vergleichbar mit dem Virus der Blauzungenkrankheit von Gnitzen, blutsaugenden Mücken der Gattung Culicoides, von Tier zu Tier übertragen und auf diesem Wege verbreitet. Empfänglich für die Tierseuche ist v.a. der Weißwedelhirsch in Nordamerika, worauf der Name „Epizootische Hämorrhagie der Hirsche“ verweist. Diese Hirsche zeigen auch deutliche Krankheitssymptome und weisen nach einer Erkrankung die höchsten Todesraten auf. Auch andere Wildtierarten, wie z.B. Antilopen, sind für das Virus empfänglich. Symptomatisch erkranken können aber auch Rinder. Schafe und Ziegen sind gar nicht oder nur schwer infizierbar.
Ungefährlich für Menschen
Das Virus ist für Menschen nicht gefährlich. Fleisch und Milch sowie daraus hergestellte Erzeugnisse können daher ohne Bedenken verzehrt werden und unterliegen keinen Handelsbeschränkungen. Ein Eintragsrisiko bzw. eine Weiterverbreitung des Virus der Epizootischen Hämorrhagie besteht
- durch die Ausbreitung lebender, infizierter Vektoren (Gnitzen) mit dem Wind,
- durch die Einschleppung infizierter Vektoren (Gnitzen) mit dem Handel und Verkehr oder
- durch den Handel mit infizierten Tieren, deren Sperma, Embryonen und Eizellen.
Aktuelle Lage
Bis Ende 2022 erstreckte sich das Verbreitungsgebiet des EHDV über Nord- und Südamerika, Australien, Asien und Afrika. Auch Mittelmeer-Anrainer-Staaten wie Israel, Türkei Marokko und Tunesien waren betroffen.
Im November 2022 trat das EHDV erstmals in Mitgliedstaaten der EU auf. EHDV vom Serotyp 8 (EHDV8) wurde auf den italienischen Inseln und in Südspanien nachgewiesen. Anfang Oktober 2023 wurde in der Presse von ersten Fällen in Frankreich in der Nähe der spanischen Grenze berichtet.
Entgegen Meldungen über den Nachweis des Virus bei einem Kalb in der Schweiz im Oktober 2023, hat sich dieser Fall nicht bestätigt. Die Schweiz gilt daher weiterhin als „frei von EHD“.
Ein im April 2025 positiv auf EHDV8 getestetes Rind in Belgien war zuvor aus einer Hochrisikozone in Frankreich verbracht worden und trotz Impfung mit dem Virus infiziert. Belgien hat 2025 eine verpflichtende Impfung von Rindern gegen EHD eingeführt.
In der Zeit vom 1. Juni 2024 bis 1. Juni 2025 wurden 3.906 Infektionen in der Süd-Westhälfte von Frankreich registriert. Frankreich führte 2024 einen 50 km breiten Impfgürtel ein, in dem ca. 1 Million Rinder gegen EHD geimpft wurden. Bisher hat sich das Geschehen in Frankreich in 2025 nicht weiter ausgebreitet.
Das Friedrich-Loeffler-Institut schätzt in seiner Qualitativen Risikoeinschätzung vom 15.05.2025 die Eintragsgefahr für EHD-8 nach Deutschland in den Monaten Mai bis Oktober, der Hauptflugzeit der Gnitzen, als hoch ein. Die EHD weist viele Gemeinsamkeiten mit der Blauzungenkrankheit auf. Anhand der Krankheitssymptome können beide Tierseuchen nicht voneinander unterschieden werden. Krankheitssymptome können u.a. Fieber, Mattigkeit, Wassereinlagerungen in das Gewebe (Ödeme), Blutungen in das Gewebe (Hämorrhagien), Atembeschwerden und Lahmheiten sein. Eine Feststellung der EHD ist nur durch einen Virusnachweis im Labor möglich.
Im Gegensatz zur Blauzungenkrankheit treten Krankheitssymptome unter den Nutzwiederkäuern bei der EHD eher bei Rindern auf. Schafe und Ziegen sind gar nicht oder nur schwer infizierbar. Todesfälle bei Rindern sind möglich. Insbesondere in Milchviehhaltungen kann es zu erheblichen Einbußen in der Milchleistung kommen.
Im Rahmen der Tierseuchenüberwachung sollte deshalb die passive Überwachung in Hessen verstärkt werden. Das bedeutet, dass insbesondere Rinder mit Krankheitssymptomen, die auf die Epizootische Hämorrhagie hindeuten könnten, auf eine Infektion mit dem EHDV und zusätzlich auch auf das Virus der Blauzungenkrankheit getestet werden sollten.
Für Rinder steht ein zugelassener Impfstoff gegen EHD Serotyp 8 zur Verfügung, der voraussichtlich ab Herbst 2025 erhältlich ist.
Da die Tierseuche über Stechmücken der Gattung Culicoides, sogenannte Gnitzen von Tier zu Tier übertragen wird, ist der Schutz vor Gnitzen ein wichtiger Bestandteil zum Schutz vor der Infektion empfänglicher Tierarten. Gnitzen fallen vor allem zwischen Abend- und Morgendämmerung Tiere im offenen Gelände an und legen ihre Eier bevorzugt in nassen, mit organischen Stoffen angereicherten Boden, Schlamm oder Mist ab. Um die Tiere bestmöglich vor Angriffen von Gnitzen zu schützen, sollten diese entsprechend der Herstellerangaben mit Repellentien behandelt und wenigstens in der Flugzeit der Gnitzen aufgestallt werden. Mögliche Brutstätten der Gnitzen (z.B. Regentonnen) sollten möglichst entfernt werden. Eine optimale Ernährung und Pflege dient dem guten gesundheitlichen Zustand und fördert ein intaktes Immunsystem, welches die Tiere vor schwerwiegenden Krankheitsverläufen schützen kann.
Die EHD ist eine nach EU-Tierseuchenrecht gelistete Tierseuche der Kategorien D und E. Das bedeutet, dass Beschränkungen im innergemeinschaftlichen Handel gelten, wenn ein Land keinen EHD-Freiheitsstatus besitzt.
Rinder, Schafe, Ziegen, Kameliden und Cerviden, die in andere Mitgliedsaaten und nicht ausschließlich zur Schlachtung verbracht werden sollen, dürfen nur aus Betrieben stammen, in deren Umkreis von 150 km sich kein Betrieb befindet, in dem in den letzten 2 Jahren EHD festgestellt wurde.